• Verfasser: Traudi
  • Thema: Allgemein
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40.000 Liter Wasser für ein Kilo Baumwolle und 50 Cent für eine Jeans

Ausstellung über Kleidung und Konsumverhalten in der Max-Eyth-Schule und der Albert-Schweitzer-Schule – Kooperation mit dem Weltladen Alsfeld e.V.

Pro Jahr geben wir in Deutschland 800 Euro pro Person für Kleidung und Schuhe aus – im Durchschnitt. Obwohl wir eine Ahnung davon haben, dass ein T-Shirt für vier Euro weder ökologisch noch fair hergestellt worden sein kann, kümmern wir uns so gut wie nie darum, wo die Kleidung herkommt, wer sie fertigt, wer was daran verdient und was unser Konsum für die Umwelt in den Herstellerländern bedeutet. Geradezu sorglos füllen und leeren wir unsere Kleiderschränke: 750 Millionen Tonnen Kleidung landen in Deutschland jährlich in den Entsorgungscontainern. Diese und andere Zahlen hat das Zentrum Oekumene gemeinsam mit Brot für die Welt in eine Ausstellung gepackt und dazu viele, viele weitere Informationen zu unserer Kleidung und unserem Konsumverhalten.

Gezeigt wird diese Ausstellung derzeit in zwei Alsfelder Schulen: Nachdem sie bereits zehn Tage den Schülerinnen und Schülern der Albert-Schweitzer-Schule zur Verfügung stand, ist sie nun umgezogen an die Max-Eyth-Schule, wo sie bis Anfang März zu sehen ist. Dass die Ausstellung überhaupt nach Alsfeld kam, ist einer Kooperation der beiden Schulen mit dem Alsfelder Weltladen zu verdanken. „Bildungsarbeit ist neben dem Ladengeschäft das zweite wichtige Standbein unserer Vereinsarbeit“, so Weltladen-Vorsitzende Hildegard Maaß. „Und da unsere Kleidung sehr häufig zu Dumpinglöhnen in den Ländern des Südens hergestellt wird und dort obendrein auch noch die Umwelt ruiniert, ist die faire und ökologische Produktion von Kleidung ein großes Thema für uns.“

Als ein wichtiges Thema skizzierte auch Friedhelm Walther, Schulleiter der Max-Eyth-Schule, Konsumverhalten und Herstellung von Kleidung anlässlich der Eröffnung der Ausstellung im Eingangsbereich des Gebäudes D der Schule. „Zu welchem Preis leben wir hier im Überfluss?“, fragte er in die Runde, die aus zahlreichen Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 13 des Beruflichen Gymnasiums bestand. „Überdüngung, Überfischung und Landgrabbing sind die Folge unseres ungebremsten Konsums“, so Walther, der die Frage stellte, ob es der Weltgemeinschaft noch gelingen könne, die im Jahr 2016 festgelegten Sustainable Development Goals bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Anhand des Entstehungsprozess einer einzigen Jeans zeigt die Ausstellung, wo ein Teil der Probleme liegt: Eine über die ganze Welt verstreute Produktion, die immer genau dort stattfindet, wo die niedrigsten Löhne gezahlt werden, die wenigsten Umweltauflagen herrschen, der Profit der Labels maximiert und der Preis für den Endverbraucher erschwinglich gehalten werden kann. Dabei reisen die Komponenten einer Jeans mehrfach um die Welt.

„Aus diesem Grund brauchen wir allerdings nicht nur eine Bewusstseinsänderung der Verbraucherinnen und Verbraucher“, fügte PoWi-Lehrerin Kerstin Dietrich hinzu, sondern wir brauchen auch einen Wandel in der Politik. Es ist jetzt endlich an der Zeit, per Gesetz für eine Lieferkette zu sorgen, die vom Anbau der Rohstoffe über die Herstellung und den Transport für faire und ökologische Bedingungen einsteht.“ Aktuell werde im Bundestag ein solches Gesetz diskutiert, schloss Dietrich ihren Appell und rief dazu auf, sich in die ausgelegten Unterschriftenlisten einzutragen.

Die Reise der Jeans startet auch in der Ausstellung auf den Baumwollfeldern in Südamerika und Indien. Ein geschichtlicher Rückblick gibt Aufschluss über eine lange und unrühmliche Karriere des Lieblingsstoffes der Textilindustrie. Von Sklaven, die auf den Feldern ihr Leben ließen, über Baumwollbauern, die Hungers starben bis in die Neuzeit, in der u.a. die Problematik des wasser- und pestizidintensiven Anbaus der Pflanzen im Fokus steht. So werden für die Herstellung eines Kilogramms Baumwolle 40.000 Liter Wasser benötigt. Viele Gegenden, in denen einstmals Baumwolle angebaut wurde, sind inzwischen verdorrt oder leiden zunehmend unter Vertrocknung. Nicht besser ist ein Blick auf die Arbeitssituation der meist weiblichen Näherinnen. Wenig qualifizierte junge Frauen kommen in Bangladesch auf 50 Euro im Monat. Das ist selbst in Billiglohnländern ein Hungerlohn. Unbezahlte Doppelschichten mit bis zu 16 Stunden am Tag sind darüber hinaus keine Seltenheit. Der Anteil am Näherinnenlohn liegt bei etwa 1% – also beispielsweise 50 Cent für eine 50 Euro teure Jeans, die aus ca. 60 Einzelteilen und 100 Arbeitsschritten besteht. Laut Auskunft in der Ausstellung ist es bei dieser Aufstellung gleich, für welche Firma die Kleidung gefertigt wird.

Eine weitere interessante Information ist die, dass eine Jeans mit all ihren Einzelteilen und Verarbeitungsschritten bis zu 60.000 Kilometer weit gereist ist, bis sie schließlich in einem deutschen Laden liegt. Es ist also einiges im Argen, wenn man mit einem offenen Blick auf die Herstellung von Kleidung schaut. Kein Wunder also, dass das Fazit der Besucherinnen und Besucher einhellig war: Wir müssen nicht nur unser Konsumverhalten überdenken, beispielsweise Kleidung länger tragen, in Secondhandläden ver- und einkaufen und vielleicht auch selbst nähen, sondern auch auf die Stellschrauben der Fertigung Einfluss nehmen. Durch bewusstes Einkaufen und Einflussnahme auf die Politik.

Er hoffe auf gute Erkenntnisse für alle Klassen und alle Klassenleitungen, die die Ausstellung besuchen, hatte Friedhelm Walther zur Eröffnung gesagt. Im besten Fall wird sie beim nächsten Hosenkauf in Erinnerung sein und zu einer klugen Entscheidung führen.

Zu sehen ist die Ausstellung noch bis zum 2.3. in der Max-Eyth-Schule. Sie ist in der Regel Schülerinnen und Schülern vorbehalten. Sollte jemand von außerhalb Interesse haben, besteht die Möglichkeit, sich im Sekretariat der Schule anzumelden.

Text und Bilder: Traudi Schlitt