• Verfasser: Traudi
  • Thema: Presse-AG
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Zwischen Liebeserklärung, Lebenshilfe und Lästereien

So alt wie die öffentliche Toilette selbst: Toilettenpoesie

Vermutlich ist er so alt, wie die erste öffentliche Toilette – der Zwang, heimlich die Wände der stillen Örtchen zu beschriften oder zu bemalen. Was dabei herauskommt, ist nicht immer klar: Getreu dem Motto „Ist das Kunst oder kann das weg?“ stellt sich auch hier die Frage „Trash oder Poesie?“.

Die Presse-AG der Albert-Schweitzer-Schule begab sich auf die Suche nach Antworten, auch auf den Toiletten der Schule sind die fünf Schülerinnen und Schüler fündig geworden. Vor allem am Standort der Oberstufe gab es allerhand zu sehen. Besonders häufig verzieren Liebeserklärungen die Toilettenwände. Zum Beispiel „Ich werde dich immer lieben, auch wenn du es der anderen versprochen hast.“ Einige Jungennamen tauchen da auch öfter auf. Oftmals sieht man auf den Wänden auch Initialen und Herzen. Ob „Paula und Justin Bieber“ aber wirklich eine Liebeserklärung ist oder vielleicht doch eher zu den Beleidigungen zählt, kann der jeweilige Leser für sich selbst entscheiden.

Beleidigungen stellen neben den Liebeserklärungen einen großen Teil der Toilettenpoesie. „Deine Mutter sammelt hässliche Kinder“ ist dort beispielsweise zu lesen, oder „…. ist eine bitch“. Einige Sätze lösen eine Kettenreaktion aus, sodass zum Schluss eine ganze Konversation entsteht. Ob es dabei um das reiche Deutschland oder den richtigen Sitz von Tangas geht, ist Nebensache – Hauptsache, jeder, der mag, sagt seine Meinung dazu. Einige der Poeten lassen sich durch den Grund ihres Besuches der Toilette zu dichterischen Höchstleistungen inspirieren. „Here I sit brokenhearted I came to shit but I just farted“ ist nur ein Beispiel für die Urform der Toilettenpoesie. Dieses Gedicht ist kein Einzelfall, und es geht noch deutlich schlechter. Viele Kommentare auf den Toilettenwänden sind weit unter der Gürtellinie angesiedelt.

Da freut man sich schon, wenn nur gemalt wird. So wird mit einfachen Mitteln aus dem Mädchen auf der Tür der Frauentoilette ein Junge, hier und da entsteht ein Minion oder eine verzierte Pflanzengirlande. Manch eine Botschaft wendet sich auch an Insider: „#Free Scheuer“ heißt es da oder „Schmand“ – was immer das bedeutet…

Ein wenig Lebenshilfe wie „#SexunterFreundenistok“ findet sich auf den Toilettenwänden genauso wie die Klassiker „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe stehts auf morgen“ – mit individueller orthographischer Note.

Doch wer verewigt sich auf Toilettenwänden? Schüler wie du und ich vermutlich, wobei die Beweggründe dabei höchst unterschiedlich sein können. Als Toilettenpoet outen wollte sich natürlich niemand – allerdings dürften Langeweile, Frust und das Bedürfnis, sich mitzuteilen als Gründe in Frage kommen. „Charakterschwäche“, meint der Hausmeister. Gemeinsam mit den Reinigungskräften muss er dafür sorgen, dass die Schmierereien wieder entfernt werden. Damit sind sie fast jeden Tag beschäftigt; die geheimen Wundermittel, die dafür benötigt werden, kosten 300-400 Euro im Jahr.

Die Presse-AG hat dazu ihre eigene Meinung: „Uns stört die Toilettenpoesie nicht“, verkünden die Jung-Journalisten, „wir meinen, dass man diese ‚Kunst‘ stehen lassen und das Geld für die Reinigung sinnvoller investieren könnte.“

Die Presse-AG sind: Lea Hamel, Milena Hevlik, Diyar Ilhan, Jessica Schött, und Lukas Stier