• Verfasser: Traudi
  • Thema: Presse-AG
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Fängt der frühe Vogel den Wurm?

Manche Menschen sind noch bis spät in die Nacht fit und andere können besonders morgens Leistungen erbringen. Es gibt also verschiedene Chronotypen. Aber warum ist das so?

Von Jörn Sündermann

„Morgenstund‘ hat Gold im Mund“ oder „Am Abend werden die Faulen fleißig“. Die deutsche Sprichwörterlandschaft macht klar, wo die Leistungsfähigen zuhause sind: im Land der Lerchen, der Frühaufsteher also. Doch so einfach ist es nicht: Studien zufolge gibt es gar nicht die extremen Nachteulen oder die extremen Lerchen. Unter anderem liegt es an der biologischen Uhr eines jeden Menschen, ob er eine Eule oder eine Lerche ist, sowie an der Genetik.

Forscher aus München haben herausgefunden, dass es für die innere Uhr der meisten Menschen am besten wäre, sie würden zwischen 23 Uhr und ein Uhr in das Bett gehen und zwischen sieben Uhr und neun Uhr wieder aufwachen. Das kann man in dem Gesundheitsmagazin der AOK nachlesen. Doch leider ist es häufig nicht möglich, beispielsweise erst um neun Uhr aufzuwachen, da man in die Schule oder zu der Arbeit muss.
Zudem haben Wissenschaftler bei einer Studie erkannt, dass es vier, bei einer anderen Studie sogar sieben, verschiedene Chronotypen gibt. Den eigenen Chronotypen kann man herausfinden, indem man, wenn man mal Zeit hat, seinen Wecker ausgeschaltet lässt und dann zu Bett geht, wenn es einem danach ist und aufsteht, wenn man wach wird.

Über die Lebensjahre verändert sich der Chronotyp, man kann jedoch nicht plötzlich von einer Nachteule zu einer Lerche werden und morgens ausgeschlafen und fit sein. Ab dem Alter der Pubertät wird man sehr schnell zu einer Eule, während man vorher zu den Lerchen gehört hat. Doch ab einem gewissen Alter, meistens um die 55 Jahre, verändert sich der Chronotyp wieder in die andere Richtung. Man wird wieder zu einer Lerche, vorausgesetzt, man war schon einmal eine. Diese Entwicklung setzt sich fort: Gerade im hohen Alter steht man lieber früh auf und ist früh müde.

Wäre es dann nicht besser, wenn die Schule später startet? Schülerinnen und Schülerinnen gehören meistens eher zu den späten Eulen als zu den frühen Lerchen. Gegen den Willen ihrer inneren Uhr aufstehen müssen, kann Konzentrationsmangel im Unterricht zur Folge haben. Auch bei Klausuren ist es nicht gut, wenn diese morgens um acht geschrieben werden. Deshalb finden einige Wissenschaftler, dass der Schulanfang nach hinten verschoben werden sollte.
In Großbritannien hat aus genau diesem Grund eine Schülerin eine Petition gestartet, in der sie fordert, dass die Schule erst um zehn Uhr beginnen sollte. 180.000 Menschen haben auf der offiziellen Seite des Parlaments diese Idee unterstützt, wie man in einem Artikel des Magazins Stern lesen kann. Auch Eltern waren dafür, da sie sagten, dass es genauso schwierig sei, eine Schülerin oder einen Schüler um halb sieben Uhr zum Aufstehen zu bewegen, wie einen Toten zum Leben zu erwecken.
Auch in Deutschland gibt es Schulen, an denen ein solches Modell ausprobiert wird. Beispielsweise an mehreren Hamburger oder Berliner Schulen. Mit positivem Ergebnis.

So würden die Jugendlichen insgesamt mehr schlafen und dennoch Zeit für ihre Hausaufgaben, Freizeitaktivitäten und Familie haben, heißt es auf der Website www.wissenwaswirkt.de. Und über ausgeschlafenere Jugendliche würden sich wohl auch die Eltern und, nicht zuletzt, die Lehrerinnen und Lehrer freuen. Der Hamburger Schulleiter Holger Müller äußerte sich im Abendblatt: „Es war eine kluge Entscheidung vor rund zehn Jahren, mit dem Unterricht erst um 8.55 Uhr zu beginnen. Ich blicke morgens in ausgeruhte Gesichter. „Es ist schön, wenn die Schüler in Ruhe ankommen.“
Auf der anderen Seite berichtet der Stern in seinem Artikel auch, dass ein Nachteil eines späteren Unterrichtsbeginn sei, dass die Schülerinnen und Schüler nicht auf das Berufsleben vorbereitet werden, da in dem Berufsleben der Arbeitstag meistens früh startet.

Wahrscheinlich gibt es immer Menschen, die besonders gut in der Frühe arbeiten können und Menschen, die abends oder bis spät in die Nacht arbeiten können. Gerade in der Pubertät merkt man selber, wie man bis spät abends wach bleiben kann und früh morgens nicht aufstehen möchte oder nur sehr schwerfällig, da man in die Schule muss. Da kann man dann nur auf verständnisvolle Lehrerinnen und Lehrer hoffen. Und darauf, dass das Schulsystem sich vielleicht doch irgendwann noch einmal an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler anpasst.