Kein Happy End für Christiane F.

DS-Kurs der Albert-Schweitzer-Schule zeigt eigene Inszenierung des Klassikers

Christiane F. kennen vermutlich alle Deutschen. Die Autorin schrieb Ende der Siebzigerjahre den Schock-Klassiker über ihr Leben als Junkie und Prostituierte in Berlin. Sie wurde zur Symbolfigur einer von Drogen geprägten Jugendkultur der 1970er- und 1980er-Jahre; zweimal (1980/81 und 2021) wurde der Stoff verfilmt. Nun hat sich der Kurs Darstellendes Spiel der Q2 der Albert-Schweitzer-Schule unter der Leitung von Antje Stein dieses Themas angenommen und daraus ein ganz eigenes, sehr explizites und düsteres Stück gemacht. Ohne Happy End, denn auf der Alsfelder Bühne setzt sich die Hauptfigur den „Goldenden Schuss“, der dem Stück auch den Namen gab.

Dreimal führten die zwanzig Schülerinnen und Schüler das Stück in der vergangenen Woche in der vollbesetzten Aula des Gymnasiums am Oberstufenstandort in der Krebsbach auf und luden im Anschluss zum Gespräch ein über den Stoff und dessen Umsetzung.

Mit einer ganzen Reihe an Schlagworten machten die jungen Darsteller gleich zu Beginn deutlich, worum es ging: „Berlin – Drogen – Absturz – Rausch – Hoffnung – …“ In vielen kleinen Szene stellten sie das Leben und das Drama der Christiane dar, die insbesondere beim Vater wenig Liebe findet. In ihrer Clique wird offenbar munter konsumiert, was sie zunächst noch ablehnt. Bis der Frust, die Versuchung und auch die Zweifel an sich selbst so groß werden, dass sie sich doch verleiten lässt. Ihre falsche Hoffnung: „Von einem Mal kann man ja nicht abhängig werden.“

Die Schauspielgruppe arbeitet mit verschiedenen Stilmitteln: Standbilder einer Clubszene vermitteln die ganz besondere Stimmung, in der Christiane sich mit ihrer Clique und den Verlockungen der Drogen befindet. Die Szenen selbst sind alle recht kurz, vermitteln nur die nötigste Information und sind daher umso intensiver. Mit einer Therapeutin tritt eine Akteurin aus der Handlung heraus und zählt einfach nur die Fakten zum Drogenkonsum auf, bevor sie wieder in der Handlung verschwindet und später dort auch Christianes Therapeutin wird.

Wie schnell Christianes Drogenkonsum zum Alltag wird, zeigen eindrückliche Szenen. Auch die Reaktion der Mutter, die ihr Kind unter allen Umständen von der Sucht befreien will, arbeiten die Schülerinnen und Schüler heraus, die Hoffnung der Mutter, der Tochter und des Freundes, bis zum nächsten Absturz. Sehr gut ausgewählt dazu ist auch die eingespielte Musik, die den Nerv der Handlung stets präzise unterstreicht. Nach jedem Entzug und jeder Hoffnung erleben Christiane und die anderen drogensüchtigen Jugendlichen ein Auf und Ab, das auch in finanzielle Not und damit in die Prostitution führt – ein großes Thema, das hier nur angedeutet wird und mit den dargestellten Prostituierten vielleicht auch eine Spur zu plakativ. „Achtzig Prozent der Süchtigen werden rückfällig“, gibt die Therapeutin kund, „nicht zuletzt, weil sie nach dem Entzug wieder in ihr altes Umfeld zurückgehen.“ Das Schicksal der Christiane F. steht dafür beispielhaft. Ihre Freunde aus der Szene, ihrer Dealer und auch ihre eigenen Zweifel lassen ihr keine Ruhe. Als ihr Freund schließlich stirbt, wird ihr klar: Sie ist nicht dazu bestimmt, glücklich zu sein. Ihrem Publikum gibt sie vor ihrem Goldenen Schuss jedoch mit: „Lebe dein Leben ohne Reue und voller Liebe.“

Im Anschluss an das Stück konnten die anwesenden Schülerinnen und Schüler den Darstellerinnen und Darstellern Fragen stellen – auch dazu, warum sie beispielsweise den zunächst recht glücklichen Ausgang der Autobiographie abgewandelt hatten. „Weil wir nicht die Botschaft verkünden wollten, dass am Ende doch alles gut wird, wenn man zu Drogen greift.“ Das Publikum erfuhr einiges über die stilistischen Mittel, die angewendet wurden, und konnte auch einen Blick hinter die Kulissen werfen. Von der Stückauswahl, der eigenen Inszenierung und den Durchlaufproben berichteten die Akteure und boten somit auch kommenden Mitgliedern der DS-Kurse interessante Einblicke.

Text und Bilder: Traudi Schlitt