• Verfasser: Traudi
  • Thema: Allgemein
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Von der Schatzkiste unterm Rathaus und den Grenzen der Kommunalpolitik

Schülerinnen und Schüler der Albert-Schweitzer-Schule im Gespräch mit Bürgermeister Stephan Paule und Stadtverordnetenvorsteher Michael Refflinghaus

Der Montagmorgen startete ungewohnt im Rathaus: Fünfzig Schülerinnen und Schüler der Klassen 7c und 7d der Albert-Schweitzer-Schule ließen es wuseln im altehrwürdigen Treppenhaus und im noch ehrwürdigeren Sitzungssaal. Sie waren gemeinsam mit ihren Lehrkräften Antje Stein und Tobias Walz-Schmerer gekommen, um mit dem Bürgermeister Stephan Paule und dem Stadtverordnetenvorsteher Michael Refflinghaus über Kommunalpolitik zu sprechen. Und sie hatten viele Fragen mitgebracht, die die beiden Politiker gerne beantworteten.

Wie wird man Bürgermeister? Wie genau setzt sich das Stadtparlament zusammen? Was ist eigentlich der Magistrat und wer wählt wen? Schon die ersten Fragen und Antworten machten deutlich, dass auch die Kommunalpolitik keine ganz einfache Veranstaltung ist, mehr noch, dass außer dem Bürgermeister und den Angestellten der Stadtverwaltung die kommunalen Politiker ehrenamtlich tätig sind über wichtige Dinge des städtischen Lebens bestimmen: Welche kommunale Steuer wird erhöht oder gesenkt? Welche Gebäude in der Verantwortung der Stadt werden gebaut, saniert oder auch abgerissen? Und wieviel Geld stellt der Haushalt eigentlich für die vielen Aufgaben zur Verfügung? Die Jugendlichen zeigten an der Arbeit der Stadt und der Stadtverordneten großes Interesse, besonders das Thema Finanzen kam oft zur Sprache. Sie wollten wissen, wieviel Geld die Stadt grundsätzlich zur Verfügung hat und wie viele Schulden auflaufen. Was der Weihnachtsmarkt kostet und was der Bürgermeister verdient. Sie erfuhren in diesen Zusammenhängen von Pflichtaufgaben, die das Land Hessen den Kommunen vorschreibt, und von freiwilligen Leistungen wie beispielsweise dem Schwimmbad, dessen Sanierung zehn Millionen Euro verschlungen hat. Sie lernten, warum es manchmal notwendig ist, Schulden zu machen, und dass das Geld der Stadt nicht in einer Schatzkiste unter dem Rathaus liegt, sondern ganz normal auf Bankkonten.

Natürlich ging es auch um Beteiligungsmöglichkeiten für Jugendliche. Hier verwies der Rathauschef auf das Stadtjugendparlament und das Kreisjugendparlament: Die abgeordneten Jugendlichen haben dort Rede- und Antragsrecht und sind stets eingeladen, den Sitzungen zu folgen. Letzteres gelt nicht nur für die Abgeordneten, betonte Paule: Die Sitzungen der Ausschüsse und der Stadtverordneten seien öffentlich: Jede Person, auch junge Menschen, könnten sich hier über vieles informieren.

Interessant waren die Fragen nach Herzensprojekten des Bürgermeisters, der nun seit über zehn Jahren im Amt ist: Der Kita-Neubau in Alsfeld zählte dazu, der Neubau der Feuerwache, die begonnene Sanierung des Museums. Gemeinsam mit Refflinghaus unterstrich Paule auch die Bedeutung einer florierenden Wirtschaft in Alsfeld, also den Ausbau der Industriegebiete. Auf der anderen Seite würden weitere Wohngebiete ausgewiesen, um Menschen, die nach Alsfeld kommen wollten, ausreichenden Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Als klares Ziel seiner Politik formulierte der Bürgermeister dann auch, dass die Menschen in Alsfeld sich wohlfühlen sollten, und eine Infrastruktur und Angebote vorfinden sollten, die das Leben gut machen, dazu zählen für ihn neben Wirtschaftskraft und Wohnraum auch Sport-, Freizeit- und Kulturangebote. Doch was gibt es eigentlich für Jugendliche in Alsfeld und Umgebung? Auch hier zeigte sich der Rathauschef zuversichtlich: Man könne in Alsfeld eine bessere Jugend haben als in Großstädten, ist er sich sicher. Hinsichtlich verschiedener Angebote verwies er auf die vielen Vereine, die von Schach bis Schwimmen viele Themen abdecken. Weitere Möglichkeiten von Lasertag bis Skatepark stünden zur Verfügung. Und die Jugendlichen könnten auch selbst Ideen einbringen: Die Stadt habe es zwar nicht in der Hand, ob Geschäfte oder Bars öffnen, aber sie könne versuchen, Vorschläge der Jugendlichen umzusetzen, wie es beispielsweise mit dem Skatepark gelungen sei.

Viele weitere Themen hatten in der guten Stunde Platz: Verkehrskonzepte, Klimaschutz und Wirtschaft kamen zur Sprache. An vielen Stellen, insbesondere bei den Fragen nach dem Verkehr bzw. neuen Konzepten lernten die Schülerinnen und Schüler, wie eingeschränkt eine Kommune ist, durch deren Stadt drei Bundesstraßen führen. Die Vorschläge der Stadt verhallten oft in den verantwortlichen Stellen bei Land und Bund, sagten Refflinghaus und Paule. Dass das Verkehrsaufkommen zukünftig sinken könne, glaubt der Bürgermeister nicht.

Am Ende der Begegnung hatten beide Gesprächsparteien allerhand voneinander erfahren: der Bürgermeister hatte gehört, was die Jugendlichen beschäftigt, diese wiederum hatten einen Einblick in den Alltag der Stadtpolitik bekommen – vom sauberen Wasser bis hin zur Erhaltung des Stadtbildes, von Personaleinstellung über kleine und große Schwierigkeiten bis hin zur Abwechslung, die die Arbeit des Bürgermeisters aus- und schön macht. Daher zeigte Paule auch keine Ambitionen, dieses Amt aufzugeben: Er wolle auch im nächsten Jahr wieder kandidieren, sagte er und, und für das Amt des hessischen Ministerpräsidenten stünde er nur dann zur Verfügung, wenn etwa nach einem Kometenabsturz sonst niemand da wäre.

Text und Bilder: Traudi Schlitt