Formen von Theater zeigen, Stücke entwickeln, Themen interpretieren

Werkschau der DS-Kurse der Q1 und Q3 der Albert-Schweitzer-Schule regte zum Mitdenken an

Zum Halbjahresende brachten zwei DS-Kurse der Q1 und ein Kurs der Q3 der Albert-Schweitzer-Schule zwei hochinteressante Aufführungen auf die Bühne: Werkschauen, die sich nicht einem bestimmten Stück widmeten, sondern den Zuschauern – allesamt Schülerinnen und Schüler der höheren Klassen der Albert-Schweitzer-Schule – zeigten, wie Theater sein kann, was das Handwerkszeug einer Inszenierung ist und wie man bestimmte Inhalte auswählt und inszeniert.

Eine Stück-Collage war die erste Aufführung der beiden Q1-Kurse. Hier hatten sich die Schülerinnen und Schüler unter der Leitung ihrer Fachlehrerinnen Veronika Saez und Antje Stein auf verschiedenste Art und Weise dem Thema Gewalt genähert und sind der Frage nachgegangen, was passiert, wenn Gewalt immer mehr verdichtet wird und sich auf einzelne Menschen richtet. Die Schülerinnen und Schüler inszenierten dies in ihren Stücken, die wie kleine Miniaturen einen besonderen Fokus ermöglichten. Dafür nutzten sie als Ausdrucksmittel Tanz, Pantomime oder den Monolog. Ihre Bearbeitungen kombinierten sie mit multimedialen Elementen, wie Film, Foto, Handyausschnitt. Auf diese Weise konnten sie Themen wie Cybermobbing, Bildungsungerechtigkeit oder Kriegsgewalt darstellen. Sie nutzten die Möglichkeiten des Epischen Theaters, das für einen Ausschnitt aus Romeo und Julia einen Charakter mit zehn markanten Fragen aus dem Stück vor das Publikum treten ließ. Auf diese Weise gelangen den jungen Darstellern sehr eindringliche Szenen, die zum Nachdenken und Weiterdiskutieren anregten – ganz so, wie Kunst, wie Theater sein soll.

Auch die zweite Aufführung der angehenden Abiturientinnen und Abiturienten war eine Aneinanderreihung verschiedener Fragmente, die jedes für sich auch Hinweise auf verschiedene Formen des Theaters gaben. Verfremdungseffekte des epischen Theaters zum Beispiel, wenn sieben Zwerginnen ein männliches Schneewittchen bestaunen und damit althergebrachte Geschlechterzuweisungen in Frage stellen. Unerwartete Attribute wie ein Schneewittchen, das schnarcht und Mettbrote isst, sollen zum Weiterdenken anregen und zum In-Frage-Stellen des Althergebrachten. Auch Mobbing in der Schule thematisierten die jungen Darsteller – nicht zuletzt, um Strategien aufzuzeigen, wie einem Mobbingopfer geholfen werden kann: Das Publikum wurde miteinbezogen. Damit hatte es eine weitere Theatervariante kennengelernt, das „Forumtheater“. Die auch „Theater der Unterdrückten“ genannte Theaterform ist ein interaktives Theater, das das Publikum zur Lösung von ungerechten, schlecht ausgehenden Szenen zu Rate zieht.

Die Bühnenbilder, seien es der Wald, der Klassenraum oder in einer anderen Szene ein Supermarkt, wurden digital erstellt. Eine in der modernen Theaterwelt, die mehr und mehr multimedial agiert, nicht unübliche Vorgehensweise, wie die Schülerinnen und Schüler mit ihrer Fachlehrerin Antje Stein erarbeitet hatten. Die Themen für ihre Stücke suchten sich die Kursmitglieder selbst. Auf diese Weise gaben sie Einblick in das, was junge Erwachsene bewegt. Dazu gehörten auch Eindrücke aus der Coronazeit: Wie wurde sie wahrgenommen und wie wurden die Folgen erlebt? Isolation, Maskenzwang, Krisenmodus – all das brachten die Darsteller eindrucksvoll und nachvollziehbar auf die Bühne der Aula in der Krebsbach. Nicht zuletzt durch eine plakative Verwendung überpräsenter Schlagwörter der Pandemie wie RKI, Mutation oder Impfzwang. Dieses Thema wurde unter der Prämisse des Dokumentarischen Theaters bearbeitet, wie ein aus der Gruppe heraustretender Akteur den Zuschauern erklärte.

Das junge Publikum hatte mit diesen beiden Aufführungen eine ungeahnte Bandbreite an Theaterkunst erlebt: Theatertheorie und praktische Durchführung, anspruchsvolle Inhalte und dennoch hochwertige gute Unterhaltung. So kann, so soll Theater sein. Und so macht es vielleicht auch in den anderen Jahrgängen noch Lust auf die Kurse im Darstellenden Spiel, in dem man sich – wie in diesem Jahr geplant – auch im Abitur prüfen lassen kann.

Text: Traudi Schlitt, Bilder: Antje Stein und Traudi Schlitt